Marcus & Amadeus
Als ich 1990 ausgezogen bin, gesellten sich zwei kleine Freunde zu mir. Marcus war bereits drei Jahre alt und ich habe ihn aus einer Wohnung mit etwa zwölf Katzen und einem kranken Bernhardiner geholt. Ich musste ihn regelrecht aufpäppeln. Hätte ich ihn zurückgebracht, wäre er dort wahrscheinlich über kurz oder lang gestorben. Ich habe sein verfilztes Fell gepflegt und ihn zum Tierarzt gebracht, der ihm erstmal Infusionen gab. Amadeus, kurz Ami, kam kurze Zeit später hinzu. Etwa 10Wochen alt. Er war aus einer Tierhandlung, wo man mir später sagte, dass dort nur Findlinge vergeben werden. Auch er war nicht ganz gesund damals. Hatte schon Durchfälle. Aber auch ihn habe ich aufgepäppelt.
Marcus war immer der ruhige Kater von beiden. Er hat auch mir was von seiner Ruhe abgegeben. Wenn ich nicht in Stimmung war, so hat er mich getröstet und mir gezeigt, wie gut er sich fühlt. Das hat mir immer Kraft gegeben.

Ami hingegen war immer der Chaot in der Familie. Hat alles gezockt, was nicht niet- und nagelfest war. Er war erst etwa 500 Gramm schwer, als er mit seinem ersten Brot abgehauen ist. Man musste schon aufpassen auf sein Essen...Ich habe so oft gelacht über seine schlauen Eskapaden. Denn wer eine Milchtüte von einer Safttüte unterscheiden kann ist nicht blöd...

Bereits im August 1990 wurde bei beiden Katzen Leukose festgestellt. Nach einer längeren Therapie fiel der Test dann doch negativ aus. Man hat mich im Glauben gelassen, dass diese Krankheit besiegt sei und weitere impfungen nicht nötig seien. Doch dies war ein fataler Fehler, wie sich nach Jahren rausstellen sollte.

1996 begann Ami das erste Mal Durchfälle zu bekommen. Da er ja oft irgendwas geklaut hat, macht man sich erstmal nicht so Gedanken darüber. Es besserte sich zwischenzeitlich ja auch wieder.
Marcus dagegen strotze vor Gesundheit und fühlte sich pudelwohl.

1998 kam dann der Umzug in eine neue Wohnung. Beide haben den Umzug gut überstanden und akzeptierten die Wohnung ohne Probleme. Die neuen Lieblingsplätze waren schon schnell erobert.
Allerdings häuften sich die Durchfälle von Ami und er verlor an Gewicht. Nun muss man aber dazu sagen, dass Ami sowieso nicht zu den drallsten gehörte. Ich fuhr ihn also in die Tierklinik nach Düppel, wo man eine chronische Bauchspeicheldrüsenentzündung diagnostizierte. Und dort sagte man mir auch, dass ich mit den Impfungen auf keinen Fall hätte aufhören dürfen. Denn ein Spiegel bleibt immer im Blut. Und die Impfung hält diesen nur niedrig. Sie hatten den Virus also die ganze Zeit. Von wegen Heilung...
Ami bekam Medikamente und ich musste ihm sein Futter gesondert anrichten. Es musste sozusagen "vorverdaut" sein, damit er es überhaupt vertragen konnte. Dafür bekam er ein Enzym in sein Futter, welches erstmal eine halbe Stunde im Futter wirken musste. Nun, getrennt füttern musste ich die beiden sowieso, weil Ami immer auch Maurcus´ Portion mitgefressen hat. Das war also kein Problem.

Allerdings stellte sich keine Besserung ein. Ich konsultierte also nochmals eine Tierärztin, die sich nochmal die Blutwerte vornahm, erneut Blut abnahm und dann meinte, der Leukosevirus ist dran schuld. Und die Bauchspeicheldrüse sei ein schwieriges Organ, wo man noch nicht so die Erfahrung hat. Aber sie hat ein Futter gefunden, mit dem man es versuchen könnte. Ami wog zu diesem Zeitpunkt gerademal 2500 gr.. Aber hatte immer einen eisernen Lebenswillen. Und diesen habe ich ernstgenommen. Mit diesem Futter nahm er zu und er fühlte sich auch gleich besser an. Er kam zu Kräften und sprang wieder auf Arbeitsplatten. Vorerst schien der Virus überwältigt - obwohl es immer klar war, dass es nur eine Frage der Zeit war, wann es wieder ausbrechen würde. Er konnte sogar anderes Trockenfutter fressen, was er total klasse fand.

Wir genossen das Leben so wie immer - mit dem Gedanken, dass der Tag X kommen würde. Und es vergingen drei Jahre...

Im Spätsommer 2001 fing dann plötzlich Marcus an nicht mehr so richtig fressen zu wollen. Nun kannte ich seine Marotten. Immer das gleiche Futter ist ja auch langweilig. Aber dann war es auch egal, was ich ihm vorsetzte. Er frass es nicht. Ich bin mit ihm zur Tierärztin, weil ich Zahnstein bei ihm vermutete. Sie hörte ihn ab und stellte gleich ein Herzproblem fest. Nach einer Blutentnahme stellte sich auch noch ein Nierenschaden heraus. Und zuguterletzt hatte er noch einen Wirbelsäulenschaden. Er bekam Herztabletten und ich versuchte ihm klarzumachen, dass Nierenfutter doch das allertollste sei. Allerdings hat er mir das nicht wirklich geglaubt. Und ich kann ihn da auch irgendwie verstehen. Die Tabletten hat er ziemlich freiwillig genommen. Doch mehr gefressen hat er dennoch nicht. Meine Tierärztin hat sogar eine Nierendiät zum selbstkochen rausgesucht. Doch auch damit konnte man ihn nicht locken.
Er fing an sich abzusondern. Er verkrümelte sich immer in die Küche auf die Arbeitsplatte. Und irgendwann drehte er sich richtig von mir weg. Da wusste ich, dass ich kein Leben verlängere, sondern Leiden. Schweren Herzens musste ich mich von Marcus am 18. September 2001 trennen. Ich habe ihn mitgenommen und beerdigt. Das war mir wichtig.

Ich hatte einen Urlaub gebucht, den ich darauf auch antrat. Ami war in der Zeit bei Claudia in der Wohnung, damit er nicht so alleine ist in meiner Wohnung. Ich war noch eine Woche zusammen mit ihm in der Wohnung und er lebte sich dort auch gut ein.

Als ich wiederkam, musste ich mich auf ein Leben allein mit Ami einstellen. Das war nicht einfach. Und ich merkte, wie sehr mir Marcus fehlt. Und bei Ami machte sich der Verlust auch bemerkbar: er nahm wieder ab. Ich beschäftigte mich viel mit ihm aber irgendwie stimmte was nicht. Er frass zwar ganz normal, aber er übergab sich ständig. Im neuen Jahr machte ich dann kurzen Prozess und ging mit Ami zur Tierärztin. Denn dann wollte er auch nicht mehr fressen. Sie konnte erstmal so nichts feststellen; vermutete aber einen Tumor im Darm. Er bekam wieder seinen Spezialfutter. Dieses nahm er anfangs auch an. Zusätzlich bekam er noch Antibiotika. Aber nach einer Woche wollte er wieder nicht fressen.

Dann kam der Tag, vor dem ich mich graute. Ami war wie immer, nur dass er nicht fressen wollte. Ich musste mich entscheiden. So, wie damals bei Marcus. Ich überlegte mir, es nochmal mit einer Blutabnahme zu versuchen. Ich hatte ein besseres Gefühl. Wenn mir die Tierärztin dann gesagt hätte, dass die Werte total mies sind, dann wär mir Entscheidung "leichter" gefallen.

Aber dann geschah etwas, womit ich nicht rechnete.
Bei der Tierärztin angekommen, verhielt sich Ami schon anders als zu Hause. Das machte mich schon stutzig. Als wir versuchten Blut abzunehmen, kam keins. Und er machte einen sehr leidenden Eindruck. Ich wollte schon sagen, dass wir es mit dem Blutabnehmen lassen sollten, aber es kam mir nicht über die Lippen. Obwohl ich wusste, dass es das war, was er wollte.
Ich sollte ihn im Raum laufen lassen. Er lief auch-bis zum Waschbecken und stand nicht mehr auf. Ein eindeutigeres Zeichen hätte er nicht geben können. Er ist, wie Marcus auch, in meinen Armen eingeschlafen. Am 06. Februar 2002. Ich habe ihn neben Marcus beerdigt.

Beide sind jetzt in einer besseren Welt. Ohne Leid, ohne Schmerzen. Sie haben trotz ihrer Krankheit ein schönes Leben gehabt und ich habe zur richtigen Zeit die schweren Entscheidungen getroffen. Doch ich weiß, dass sie es mir danken. Ich konnte Ami drei Jahre schenken und das macht mich ehrlich glücklich.

Die Leere in meiner Wohnung macht mich wahnsinnig traurig. Denn ich habe zwei großartige Freunde verloren, die zwölf Jahre an meiner Seite waren. Die kann man mir nicht wiedergeben.

DANKE
...an die Menschen, die mich und meine Katzen immer unterstützt haben:

...die liebevollen Katzenversorger während meiner Abwesenheit:
Claudia, meine Mom, Thomas, Dagmar und Hotte

...Frau Dr. Rätzmann, die meine Katzen liebevoll und einfühlsam betreut hat und die mir immer mit Rat und Tat zur Seite stand.